Johannes Gutenberg und der Buchdruck
Gutenberg und seine Zeit
Das 15. Jahrhundert kennzeichnet den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Es war eine Zeit mit grossen Veränderungen in fast allen Bereichen des Lebens.
Der Klerus hatte lange Zeit die Bildungshoheit.
In Europa gestaltete sich das politische Mächtegleichgewicht völlig neu. Ausserdem ist Gutenbergs Jahrhundert gekennzeichnet von neuen technischen Innovationen, von Reformbewegungen innerhalb der Kirche, aber auch von Inquisitions-Prozessen und Kriegen. Auch die Idee des Humanismus kam erstmals auf.
Der Erfinder des modernen Buchdrucks. Gutenberg und seine Mitarbeiter bei der Arbeit. Ab dem Jahr 1452 wurden 180 Exemplare der Heiligen Schrift in Serie angefertigt.
Vor dieser Zeit wurden Wissen und Bildung in den Klöstern konserviert und waren kaum jemandem zugänglich. Doch im Spätmittelalter wandelte sich die Situation. Städte errichteten eigene Schulen und Universitäten. Bald gab es nicht mehr genug schreibende Mönche, um die Nachfrage nach Büchern zu stillen. Es entstanden immer mehr weltliche Schreibstuben, der Klerus hatte seine Bildungshoheit verloren. In der Literatur breitete sich die Prosa aus und die Übersetzung von Texten in die Volkssprachen setzte sich mehr und mehr durch. So verlor mit dem Klerus auch die lateinische Sprache ihre Monopolstellung.
Das deutsche Reich selbst hat vor allem mit dem Problem des Zusammenhalts zu kämpfen. Die Verkehrswege und damit die Möglichkeiten, Nachrichten zu übermitteln, waren nicht entsprechend der Ausdehnung des Reichs entwickelt. Gutenberg löste mit seiner Erfindung des ersten Massenmediums der Geschichte nicht nur dieses Problem, sondern ermöglichte erst die Ausbreitung des Humanismus, der Renaissance und auch der Reformation.
Gutenbergs Leben
Um 1400 wurde Johannes Gensfleisch im Hof zu Gutenberg in Mainz geboren. Sein Vater war ein reicher Patrizier und als Kaufmann tätig. Der junge Johannes besuchte die Klosterschule, 1428 verliess er mit seiner Familie die Stadt Mainz. Wo Gutenberg sich von da an aufgehalten hat, fehlt in den alten Überlieferungen.
Druck-Werkstatt zur Zeit Gutenbergs.
1434 tauchte er in Strassburg wieder auf. Hauptberuflich betrieb Gutenberg in Strassburg eine Manufaktur, die Pilgerspiegel herstellt. Doch wahrscheinlich arbeitete er auch schon zu dieser Zeit an der Erfindung einer neuen Drucktechnik. 1448 kehrte Gutenberg nach Mainz zurück. Hier druckte er um 1450 erstmals ein Gedicht. Von 1452 bis 1454 arbeitete er an seinem Mammutprojekt: Dem Druck der Bibel. In den zwei folgenden Jahren vervielfältigt Gutenberg die sogenannten zyprischen Ablassbriefe, mit deren Erlös Papst Calixt III. seine Kreuzzüge auf Zypern finanziert.
1455 verlor Gutenberg in einem Prozess seine Druckerei und seine Bibeldrucke, weil er einem Geldgeber kein Geld mehr zurückzahlte. 1462 musste Gutenberg Mainz verlassen, weil die Stadt eingenommen wird. 1465 kehrte er als Angestellter des neuen Bischofs zurück. Am 3.Februar 1468 starb Gutenberg und wurde in der Franziskanerkirche beerdigt. Erst zwischen 1565 und 1568 erschien das erste Gutenberg-Porträt. Wie Gutenberg wirklich aussah, weiss heute niemand.
Druckkunst im Wandel der Zeit
Vor 1450 war die gängige Drucktechnik in Europa der Holztafeldruck. Bei dieser Technik musste man den Text oder das Bild, was man drucken wollte, mühsam spiegelverkehrt in einen Holzblock schneiden. Dann wurde das Ganze mit Farbe bedeckt. Anschliessend wurde ein Blatt Papier auf den Holzstock gelegt und abgerieben. Bibeln und andere wichtige Bücher wurden von Mönchen Zeichen für Zeichen fast eher gemalt als geschrieben.
Gutenberg entwickelte erstmals in Europa ein Druckverfahren mit beweglichen Lettern. Der Text wurde jetzt aus einzelnen Buchstaben, Satzzeichen und oft benutzten Kombinationen zusammengesetzt. Um identische Lettern herzustellen, machte Gutenberg eine weitere wichtige Erfindung – das Handgiessinstrument. Ausserdem entwickelte er die Druckerpresse, die einen schnellen und gleichmässigen Druck ermöglichte.
Ein Setzer reiht im sogenannten Winkelhaken Bleiletter an Bleiletter aneinander – eine Arbeit, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann…
Ende des 18. Jahrhunderts suchte der junge Schriftsteller Alois Senefelder eine neue, günstige Möglichkeit, seine selbst verfassten Theaterstücke zu vervielfältigen: "Chemische Druckerey" taufte er seine Erfindung. Sie nutzte den Effekt aus, dass sich Wasser und Fett abstossen. Sennefelder schrieb mit fettiger Kreide auf Steinplatten und machte diese nass. So blieb die Farbe, die er danach auftrug, nur an den fettigen Stellen hängen. Heute ist diese Technik unter dem Begriff Lithographie bekannt (griechisch: «lithos» = Steine «graphein» = schreiben). Die Entwicklung der Rotationspresse im 19. Jahrhundert führte schliesslich zum Durchbruch für Senefelders Erfindung: Diese neue Druckmaschine brachte die Farbe mit zwei gegeneinander rotierenden Zylindern aufs Papier und schaffte bis zu 12000 Drucke in der Stunde. Heute wird dieses Offsetdruckverfahren weltweit genutzt.
Eine moderne Heidelberg PM 52 5-Farben-Offsetdruckmaschine.
Papierherstellung
Die ersten Schriftträger
Lange bevor Papier und Karton erfunden wurden, existierten Hochkulturen, die geschriebene Dokumente erstellten. Sie kannten Bildersprachen, deren Deutung heute oft sehr umstritten ist, und doch sind diese Überlieferungen die wichtigsten, vielfach einzigen Grundlagen, auf die sich die moderne Geschichtsschreibung stützt.
Der Stein von Rosette aus dem Jahr 196 vor Christus: oben Hieroglyphen (14Zeilen), in der Mitte Demotisch (32 Zeilen), unten Altgriechisch (54 Zeilen). Zustand vor der Restaurierung von 1999: weiss gefasste Schrift auf schwarzem Grund.
Die ältesten von Menschen überlieferten «Dokumente» sind Ritzzeichnungen auf Knochen und Steinen sowie über 15000 Jahre alte Felsmalereien. Über Jahrtausende diente Stein als dauerhaftes Material zur Überlieferung von Gemälden, wichtigen Gesetzen und anderen Informationen. Später wurden auch Wachs-, Holz- und Metalltafeln beschrieben.
Papyrus, der zweite wichtige Schriftträger
Dieses Bild auf dem Papyrus zeigt Osiris – den ägyptischen Gott des Jenseits, der Wiedergeburt und des Nils – der über den Toten zu Gericht sitzt.
Ursprünglich diente die bis zu vier Meter hohe Payrusstaude zur Herstellung von Kleidern, Matten, Kästen, Sandalen, Mumienhüllen und Booten. Die Technik der Herstellung von Papyrus reicht weit zurück ins Ägypten um 3000 vor Christus. Damals wurden erstmals aus dem Mark der Papyrusstengel dünne Streifen geschnitten, auf einer flachen Unterlage nebeneinander gelegt und dann kreuzweise mit einer zweiten Schicht bedeckt. Danach klopfte und presste man das Material so lange, bis es sperrholzartig fest verbunden war. Dabei wirkte der Saft der frischen Stengel als Bindemittel. Nach dem Trocknen wurde die Oberfläche mit einer Muschel oder einem Stein fein geschliffen. Herstellung und Handel des wertvollen Papyrus unterlagen lange dem Monopol der Ägypter, welche beim Verkauf hohe Steuern darauf erhoben. Papyrus war bei den Griechen, Römern und Arabern beliebt und sehr verbreitet. Und weil dieser Papyrus bis ins frühe Mittelalter auch in Europa verwendet wurde, leitete man von ihm später den Namen für das Papier ab.
Die Erfindung des Papiers
Ob Bibel, Gemälde, Kaffeebecher, Toiletten-Papier, Pamphlet oder Bestseller, sie alle wären ohne Papier nicht denkbar. Seit vor ungefähr 2000 Jahren im China der Han-Dynastie die Erfolgsstory des Papiers begann, wurde es zum herausragenden Übermittler für Wissen, Ideen und Information – billig, leicht zu transportieren und für jeden erreichbar.
Der dritte wichtige Schriftträger, das Papier, hat seinen Ursprung in China. Die chinesische Papierkultur kannte Papierfabriken mit über tausend Arbeitern. Verschiedene Enzyklopädien mit Tausenden von Bänden wurden damals in China erstellt. Dem Zeughausverwalter des chinesischen Kaisers HoTi – so ist es überliefert – verdanken wir die Erfindung des Papiers. Er hiess Tsai Lun und stellte im Jahre 105 nach Christus aus Maulbeerzweigen, Hanf, Lumpen und alten Fischernetzen in einem Sud mit Wasser und gelöschtem Kalk einen Papierstoff her, aus dem er mit einer Bambusmatte Papier schöpfte.
Während Jahrhunderten gelang es den Chinesen, das Geheimnis des Papiermachens zu hüten. Im Jahr 751 jedoch nahmen die Araber einige chinesische Papiermacher gefangen und brachten sie in die heutige Türkei, wo sie ihre Kunst im Dienste der Araber ausüben mussten.
Der lange Weg nach Europa
Über den Mittleren Orient (Bagdad, Damaskus) und Nordafrika (Kairo) fand das stets bestens gehütete Geheimnis der Papiererzeugung nach über tausend Jahren den Weg von China nach Europa ins damals arabische Südspanien. 1276 existierte eine erste Papiermühle in Italien, doch erst im 15.Jahrhundert verbreitete sich die Papiermacherkunst nördlich der Alpen.
Alle wollten Papier
Papier war rar und begehrt
Erst die Verwendung von Holz als Rohstoff löste das Problem der immensen Nachfrage und der lange herrschende Papiermangel wurde überwunden.
Die erste Papiermühle
Ein vom Jahre 1411 datierter Rechnungsbeleg, gefunden in den Archiven von Freiburg, zeugt noch heute von der ersten Schweizer Papiermühle. Sie stand in Marly bei Freiburg und überdauerte mehr als fünf Jahrhunderte, bis sie 1921 stillgelegt wurde. Die oftmals kurze Lebensdauer der Papiermühlen zeigt, dass das Papiermachen nicht immer einen goldenen Boden hatte. Der Absatz wurde durch das Eingreifen der Obrigkeiten mehr und mehr regional begrenzt und hohe Zölle, Preisdiktate und Beschränkungen behinderten den freien Markt.
Im Jahre 1799 erfand der Franzose Louis-Nocolas Robert die Papier- maschine mit endlosem Sieb und revolutionierte damit die Papier- herstellung. Die Firma Escher-Wyss in Zürich nahm 1839 den Bau von Papiermaschinen auf und exportierte in die ganze Welt.
Die moderne Papierherstellung
Die Papiermaschine
ist das zentrale Element jeder Papierfabrik. Auf bis zu 10 Metern Breite und bis zu 200 Metern Länge sind unter dem Sammelbegriff «Papiermaschine» sehr unterschiedliche Aggregate hintereinander geschaltet: Stoffauflauf, Siebpartie, Pressenpartie, Trockenpartie und Aufrollung sind – bei sehr variablen Konstruktions-Möglichkeiten – die Standardelemente.
Im Stoffauflauf wird der Faserbrei (mit bis zu 99 Prozent Wasser aus der Aufbereitung) gleichmässig auf ein äusserst feines Endlossieb aufgebracht, das sich ständig fortbewegt und – ausser bei sehr schnellen Maschinen – auch seitlich geschüttelt wird.
Hier verfilzen sich die Fasern zu einer einheitlichen, noch nassen Papierbahn («Blattbildung»). In dieser Siebpartie läuft überschüssiges Wasser durch das Sieb ab, am Ende liegt der Wassergehalt noch bei etwa 80 Prozent. Die Bahn ist dann bereits fest genug, um sie vom Sieb abzunehmen und mit Hilfe von Filzbändern in die anschliessenden Nasspressen zu leiten. Nach dieser weiteren Entwässerung, die den Wassergehalt auf gut 50 Prozent reduziert, beginnt der längste Teil der Papiermaschine, die Trockenpartie.
Auf bis zu 100 dampfbeheizten Trockenzylindern wird der Papierbahn der Rest der Feuchtigkeit entzogen. Daran können sich bis zum Aufrollen der Bahn auf einen Tambour noch verschiedene, nicht obligatorische Arbeitsgänge anschliessen. So kann ein Streichwerk eingeschaltet sein, in dem die Papierbahn auf halbem Wege zur endgültigen Trocknung noch gestrichen wird.
Für bestimmte Verwendungszwecke wird das Papier ausserhalb der Papiermaschine noch besonders veredelt (satiniert bzw. geglättet). Beachtlich sind die Geschwindigkeiten, mit denen moderne Papiermaschinen arbeiten. So kann eine Zeitungsdruckpapiermaschine mit einer Arbeitsbreite von 9 Metern Geschwindigkeiten bis zu 900 Meter pro Minute (= 54 km/h) erreichen und so in 24 Stunden 600 Tonnen Papier mit einem Flächengewicht von 52 g/m2 erzeugen. Zum Vergleich: ein mittelalterlicher Papiermacher schaffte mit 24 Arbeitern in 16 Stunden etwa 100 Kilogramm Büttenpapier. Je nach Art des Papiers laufen Papiermaschinen mit Geschwindigkeiten bis zu 2000 m/min. in anderen Fällen erreichen sie jedoch nur einige m/min.
Die Rundsieb-Papiermaschine
arbeitet nicht wie Langsiebmaschinen mit flachen Siebbahnen, sondern mit Siebzylindern. Diese Rundsiebe rotieren meist in mit Faserbrei gefüllten Trögen. Dabei setzt sich der Papierstoff auf dem Sieb ab, das Wasser läuft nach innen ab. Das so gebildete Papierblatt wird dann mit einer Filzbahn vom Rundsieb abgehoben und durchläuft die gleichen Stationen wie auf den Langsieb-Papiermaschinen (Papiermaschinen). Rundsiebmaschinen haben den Vorteil, dass sich mehrere Zylinder so hintereinander aufstellen lassen, daß mehrere Papierbahnen nass zusammengeführt (gautschen) und zu einer stärkeren Bahn vereinigt werden können. Deshalb setzt man sie vorwiegend zur Herstellung von Karton ein.
Mehrere Rundsiebe hintereinander
Schema einer Rundsieb-Papiermaschine
Rund-Langsieb kombiniert
Eine Hybridmaschine, die Langsieb und Rundsieb kombiniert.
Diese Maschine ist eine der wenigen Rundsiebmaschinen weltweit mit einer Bahnbreite von über zwei Metern! Der Papierbogen wird mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1800 m/min hergestellt. Eine Papiermaschine ist eine beträchtliche Investition (die Kosten einer neuen Maschine belaufen sich auf annähernd eine Milliarde Euro).
Langsieb-Papiermaschine
Papiermaschine, in der die Siebpartie aus einer endlos umlaufenden flachen (Bronze- oder Kunststoff-) Siebbahn besteht, die von einer Reihe von Walzen oder Stützleisten getragen wird. Die Langsieb-Maschine – erfunden 1799 – ist heute die meist gebrauchte Ausführung einer Papiermaschine. Rundsiebmaschinen werden vor allem für die Herstellung von Karton und Pappe eingesetzt.
Siebpartie mit Egoutteur
Pressenpartie
Langsieb-Papiermaschine in schematischer Darstellung
Vor allem Gutenbergs Erfindung der beweglichen Lettern für den Buchdruck, aber auch die Renaissance, die Reformation und die französische Revolution führten dazu, dass der Bedarf eines günstigen, bedruckbaren Materials sprunghaft anstieg.
Lumpensammler: Papier wurde damals aus Lumpen hergestellt. Die Lumpen wurden vom Holz als Rohstoff abgelöst.
Französische Langsiebmaschine (um 1820), die älteste erhaltene Papiermaschine der Welt.